Ein Fußballsommer aus dem Bilderbuch

In Rio hat die DFB-Auswahl völlig verdient zum vierten Mal den Weltmeistertitel gewonnen, das Juniorenteam wurde in Ungarn souverän Europameister, ein Fußballsommermärchen wie gemalt, zumal die jungen DFB- Damen dabei sind, die Sache in Kanada noch richtig abzurunden, vorallem weil sie auch Spiele gewinnen, in denen sie die schlechtere Mannschaft waren und so eine Tradition gegen Frankreich fortsetzen.
Aber wer gewinnt hat immer recht!
Deshalb sollte sich die Kritik an Aufstellung und Spielweise vorallem der A-Nationalmannschaft – die anderen Teams werden, medial betrachtet, eher stiefmütterlich abgehandelt – weitgehend zurückhalten.
Aber da wäre man nicht mehr in Deutschland.
Es waren bei der WM einige Ungereimtheiten festzustellen, die sich meinem Verständnis weitgehend entzogen haben.
Die Nachnominierung von Mustafi für den verletzten Reus war für mich schon überhaupt nicht nachvollziehbar, dass er dann auch noch gespielt hat, musste sich für die Sportsfreunde Großkreuz, Durm und Ginter wie ein Vollspannstoß in den Allerwertesten angefühlt haben.
Dass von denen nicht mal Äußerungen der Verwunderung nach Außen gedrungen sind, ist in der heutigen Medienlandschaft, wo das sofort als kontraproduktiv eingeordnet wird und unmittelbar auf Akzeptanz und Marktwert durchschlägt, nicht weiter verwunderlich. Dass er mit seiner Einwechselung gegen Ghana am einzigen Rückstand während des Turniers maßgeblich beteiligt war und die Stabilität der Abwehr ordentlich ins Wanken gebracht hatte, hat das Unverständnis nachhaltig verstärkt.
Jerome Boateng konnte er nicht annähernd ersetzen, dessen Notgrätschen im Finale die Titelgarantie waren.
Dem “Kadaver” von Mirek Klose ist der Torrekord wirklich zu gönnen, dass er zweimal an der richtigen Stelle stand und verwandelt hat, war beides Mal eine Pflichtaufgabe für einen Mittelstürmer. Die Zukunft der deutschen Mannschaft sieht anders aus – der Rücktritt war überfällig, auf der Position kommt zur Zeit Niemand an Pierre-Michelle Lasogga heran, der, wie hier schon erwähnt, dringend nominiert werden musste, weil kein anderer deutscher Stürmer zurzeit auch nur annähernd diese Kampfkraft und Abschlussstärke auf den Platz bringt – wenn er denn laufen kann.
Özil hatte das Turnier fast komplett durchgespielt, obwohl “Magic Mesut” das Karnickel aktuell einfach nicht aus dem Hut bekommt – ja nichtmal den Hut hat er von der Ablage gekriegt – da hätten Poldi, Götzinho und vorallem Draxler erheblich mehr Einsatzzeit verdient gehabt.
Aber war ja Alles nochmal gutgegangen.

Der “Capitano” geht von Bord

Deutschlands Kapitän Philipp Lahm hat abgemustert und seinen Abschied erklärt, er hatte alle Chancen Rekordnationalspieler zu werden, den noch fehlenden Titel seiner Sammlung hinzu zu fügen und die Nachhaltigkeit seiner testimonialen Werbeverwendungsfähigkeit bis ins hohe Rentenalter auszudehnen, der DFB arbeitet mit der Verleihung der Ehrenspielführerwürde der Gefahr einer drohenden Altersarmut mit Macht entgegen. Es sieht fast so aus, als hätte Lahm die Bayerngier nach Geld und Titeln verloren, aber vielleicht hat er es einfach nicht mehr nötig – könnte theoretisch auch sein.
Auf der rechten Abwehrseite hinterlässt er eine klaffende Lücke, ein Wassereinbruch ist aber nur bei schwerer See zu befürchten, womit in nächster Zeit nicht gerechnet werden muss, notfalls muss Jerome da wieder an die Pumpe, der seinen internationalen Durchbruch und den Eintrag in die Fußballgeschichtsbücher mit seiner Leistung im Finale gekrönt hat.
Mertesacker ist inzwischen ebenfalls zurückgetreten, Schweini muss wohl nochmal genauer in seinen Körper hineinhorchen, um dann wahrscheinlich festzustellen, dass er die Konstitution für die Doppelbelastung auch nicht mehr mitbringt, der weitere Verbleib von Poldi scheint dann ebenfalls sinnlos und man kann von einem echten Generationswechsel sprechen.
Manuel Neuer wird sicher der neue Kapitän, Jerome Boateng und Mats Hummels sind die tragenden Säulen der Innenverteidigung, mit Badstuber, dem wie Mertesacker alles Wieselflinke wesensfremd ist, kann dann die erfolgreiche Viererkette aus Innenverteidigern weiter für Furore sorgen, mit den Benders, Gündogan und Reus warten die Rekonvaleszenten auf neue Einsätze, ob Lasogga noch vorne mit reinstoßen darf, hängt in erster Linie von seiner Verletzungsanfälligkeit ab. Dann wird sich auch herausstellen, inwieweit Hertha mit dem Verkauf das Glückslos gezogen hat.
Die Leihe an den HSV in der letzten Saison hat sich für mich als eklatanter Fehler erwiesen, 13 mickrige Törchen in der Rückrunde waren ein Armutszeugnis mit Offenbarungseid und Hartz4-Antrag, mangelnde Qualität zu beklagen und gleichzeitig das hoffnungsvollste Torversprechen auszuleihen, war ein Spiel mit dem Feuer, das angesengten älteren Damen eigentlich nicht zuzutrauen war.

Berliner in Brasilien

Aus Berliner Sicht war eindeutig Jerome Boateng der “Man of the tournement”.
Sein großer Bruder ist bei seiner Rückkehr zu den “Schwarzen Sternen” bedauerlicher Weise aber geräuschvoll als Schnuppe verglüht, Löwen und Elefanten wurden ebenfalls gleich zur Strecke gebracht, bzw. erlegten sich mehr oder weniger selbst, Superadler und Wüstenfüchse gingen in der ersten Ko-Runde raus, wobei die Wüstensöhne gegen Deutschland immerhin einen sehr ordentlichen Kampf abgeliefert haben.
Die schwarzafrikanischen Mannschaften hatten einen seltsam unbeteiligten Eindruck hinterlassen, der zu bösesten Vermutungen allen Anlass gibt.
Die “unbezähmbaren Löwen” mit ihrem bedauernswerten Hobbydompteur Volker Finke haben allem Anschein nach den Geist des Fußballs nach allen Regeln verraten und verramscht, die lückkenlose Aufklärung hat der nationale Verband Kameruns in unnachsichtiger Weise angekündigt und bei der Ankündigung wird man es wohl dann auch belassen.
Ghanas letzter Auftritt gegen Portugal, wobei eigentlich nur die “Sterne” realistische Chancen aufs Weiterkommen hatten, war ebebfalls höchst bedenklich – die Torwartaktion, die als Maßvorlage für CR7 endete, war normal eine echte Lachnummer, in entscheidenden WM-Spielen ist sowas aber nur zum Heulen.

Die FIFA hat mit ihren launigen Fernsehspots gegen Spielmanipulation, dem Schaden den Spott noch selbst hinzugefügt. Die Ankündigung unbarmherzig und rüchsichtslos durchzugreifen, wird mit der Verordnung zum Aufstellen von Schildern auf allen Plätzen umgesetzt: “Spielmanipulation verboten”, selbstverständlich in allen manipulationsrelevanten Sprachen, wie Serbokroatisch und traditionellem Chinesisch.
Die Aufklärung und Aufarbeitung nimmt den altbekannten Weg: Abwiegeln, Verharmlosen und schnell Vergessenmachen durch den geschärften Tunnelblick auf nächste sportliche Großereignisse, den wir ältere Fans seit den Tagen des Bundesligaskandals 70/71 kennen. Damals waren es noch “sportliche Gründe”, heute zählt auch dabei nur noch das Geld. Am meisten zu zählen haben die Herren von der FIFA, die vermutlich die geldgierigste Non-Profit-Organisation der Welt ist, folgerichtig wurden die nächsten Titelkämpfe an Oligarchen und Scheichs vergeben, die geben wenigsten gerne und vorallem reichlich, und es trifft keine Armen.
Alles wird gut!
Die Brasilianer werden demnächst noch von den Herren der Ringe (IOC) in den Würgegriff genommen, wo dann noch das letzte Flüssige rausgewrungen werden wird.

Fußballfetischfantasien

Es sollte wie immer die beste aller Weltmeisterschaften werden, vorallem die fairste.
Dazu wurden die Schiris von der FIFA angehalten, möglichst wenig Karten zu verteilen, was dazu geführt hat, dass übertriebene Härte wie Ellenbogen im Gesicht, Stollen auf dem Knöchel und Kniee auf splitternden Rückenwirbel nicht konsequent geahndet wurden wie auch taktisch motivierte Spielunterbrechungen – der Rest von dem Debakel wird dann als “internationale Härte” verkauft, dem muss man dann auch so zustimmen. Hauptsache die Statistik stimmt.

Ich hatte ja im letzten Post gemutmaßt, dass die deutsche Delegation nach Brasilien gekommen war, dem Löwen in eigener Höhle das Fell abzuziehen. Dass der sich dann selbst nass macht und das Fell nach einer halben Stunde auf der Leine bei Mutti im Garten zum Trocknen hängt, war dann doch sehr überraschend und irgendwie enttäuschend.

Inzwischen sind wieder alle zu hause, haben sich ordentlich feiern oder schmähen lassen und bereiten sich auf die neue Saison vor. Bei Hertha ist man sehr bemüht gewesen die Qualitätsdefizite aufzuarbeiten, die sich nach dem Verlust der Klassestürmer noch drastisch vergrößert haben. Man hält die Augen weit offen, um noch einen durchschlagskräftigen Mittelstürmer zu verpfllichten, die favorisierten Kandidaten wie Modeste und Aboubakar überzeugen den gemeinen Fan noch nicht wirklich richtig. Das “Preetzisionsmangement” scheint auf einen Last-Minute-Knaller-Transfer hinauszulaufen ganz nach der alten Dieter-Creativ-Methode, nur das diesmal auch noch Geld da ist. Man darf gespannt sein, ob er kriegsgewinnlerisch mit einem Überraschungsblitztransfer in der Ostukraine zuschlägt oder ganz gewöhnlich über die Plätze Europas und darüber hinaus rumstöbert.
Mein Favorit wäre Mitrovic von Anderlecht, ein Revival der alten Tschetnik-Power. Es sind aber noch viele Kandidaten auf dem Markt: Dost, wenn es noch holländischer werden soll, Jô, der hier schonmal ins Spiel gebracht wurde und einer völligen Vereinsamung von Ronny entgegen wirken könnte, Kalinic, Slimani, Selke und einige andere brauchbare Stürmer mehr. Bei dem Rumgeeier mit “Schelle” und den Verletzungen von Baumjohann und Cigerci wäre die Verpflichtung eines kampferprobten Schlachtrosses wie Jermaine Jones, der sich bei der WM nachdrücklich empehlen konnte, auch sehr zu erwägen, da man nicht ausschließen kann, vom Strudel des Abstiegskampf erfasst zu werden.
Der natürliche Nachfolger von Jerome Boateng in der Innenverteidigung bei Hertha ist John Anthony Brooks, Brooksi war bei der WM eine Halbzeit im Einsatz  und hat dabei die USA in die nächste Runde geschossen, zum  Dank dafür hat Klinsi ihn im restlichen Turnierverlauf geschont.

Ich verstehe nicht, was der Junge getan hat, dass er nur so spärlich zum Einsatz kommt, JoLu und Klinsi geben vor, ihn zum zukünftigen Bollwerk in der Abwehr aufzubauen, gleichzeitig wird einem vorgebetet, wie wichtig die einschlägige Erfahrung ist, die man nur in den wichtigen Spielen erwerben kann und dann lassen solche Trainerkoniferen Brooksi zugucken, kann man ja auch von lernen.
Eine rückenfüllende Tätowierung bei laufendem Spielbetrieb soll als wenig mannschaftsdienlich aufgefasst worden sein, was man so hört.

Stahlvollbad Bundesliga

Im ersten Spiel gegen Werder Bremen werden die Weichen für den Saissonverlauf schon gestellt, Warmduscher werden für die “ice bucket challenge” nachnominiert, Waschlappen eingeseift bis der Schaum vorm Mund die Sicht versperrt. Einigen Schwimmflügelträgern muss noch die Luft rausgelassen werden, die dann hoffentlich geräuscharm abtauchen.
Morgen geht´s los, ertrinken verboten!

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 22. August 2014 um 19:16 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Allgemein, Helden, WM 14 abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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1 Kommentar

  1. Eigengewächs Brooksi wird hoffentlich bald einen grandiosen Karriereverlauf bei Hertha hinlegen. Vielleicht steht John Anthony Brooks schon heute am Nachmittag gegen Werder Bremen links in einer neuformierten 3er-Abwehrkette auf dem Platz! Manches deutet darauf hin. Jos Luhukay hat die beiden etatmäßigen Linksverteidiger Bergh und Plattenhardt nicht für den Kader nominiert. Und Schulz hatte im Pokal gegen Viktoria Köln auf der linken Seite bei der Abwehrarbeit eher geschwächelt. Dass Pekarik mal wieder nach links wechselt und Ndjeng die rechte Abwehrseite beackert scheint doch sehr unwahrscheinlich.

    Schelle sollte unbedingt noch verpflichtet werden. Denn der Norweger Per Skjelbred gehörte in der letzten Saison mit Abstand zu den besten Fightern in Herthas Reihen. Eine Type wie Jermaine Jones dagegen wird nicht mehr so dringend benötigt. Für die Alphatier-Rolle wurde schon der holländische Nationalspieler John Haitinga nach Berlin geholt. Dessen Härte und Bissigkeit sowie Führungsanspruch und langjährige Spielerfahrung auf höchstem Niveau sollten gerade in engen Partien für die nötige Durchsetzungskraft sorgen.

    Kommentar: Linienrichter – 23. August 2014 @ 10:44

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