Hertha hat mit dem Spiel gegen den VfB Stuttgart deutlich gemacht, dass es in dieser Saison ums nackte Überleben in der Erstklassigkeit geht. Wer aus so einem überlegenen Spielverlauf nichts Zählbares mitnimmt, darf sich nicht beschweren, wenn es eng wird in der 1. Bundesliga.
Spielerisch sah das alles ganz gut aus, es fehlte allerdings an der letzten Präzision im Passspiel oder an der nötigen Bewegung im Laufspiel, so dass das Tempo häufig verloren ging, weil der Ball mit langem Bein angenommen werden musste und so wenig Überraschungsmomente ins Angriffsspiel kamen, um wirklich glasklare Torchancen zu erarbeiten.
Positiv fiel mir allerdings auf, dass die brandgefährlichen Querpässe im Mittelfeld gefehlt haben, bei denen man ein Spiel schnell aus der Hand gibt, wenn der Gegner die gemachten Geschenke auch annimmt, womit in Liga 1 unbedingt zu rechnen ist.
Das, was den Marktwert von Pierre-Michel Lasogga ausmacht, fehlte dem Herthasturm fast völlig, Ramos ging immer wieder nach außen und suchte nicht den direkten Abschluss und Niemand rückte ins Zentrum nach, um gegebenenfalls zu verwerten. Bei der Einwechslung zur Schlussoffensive mit Wagner vorm Tor war nicht zu erkennen, was er da versuchen sollte, was da von ihm kommt, sieht lediglich bemüht aus.
Bei aller Bewunderung für die Arbeit des Cheftrainers stößt das Festhalten an Sandro Wagner bei den Herthafans auf allgemeines Unverständnis, man hat nicht das Gefühl, dass er die Bälle fordert und Tore schießen will. Wenn man als Brechstange gebracht wird, um dann als Bohnenstange rum zustehen, also quasi die Brechbohnenstange macht, ist es nicht verwunderlich, wenn nur Schnippelböhnchen dabei rauskommen, die mag keiner und den meisten wird auch noch schlecht.
Die Dynamik mit der Lasogga sich durch gegnerische Strafräume bewegt und an den Ketten zerrt, wurde nie schmerzlicher vermisst als in der Schlussphase gegen Stuttgart. Ich war fest davon ausgegangen, dass die Laufwege von Ramos und Lasogga, die sich bei früheren Einsätzen gerne gegenseitig im Weg gestanden haben, so koordiniert hätten werden können, dass regelmäßig Großalarm vorm Tor ausgelöst hätte werden müssen.
Jos Luhukay hat anders entschieden. Schade!
Passgenauigkeit in Tateinheit mit Lauffreudigkeit sind die beiden entscheidenden Zutaten im modernen Offensivspiel, Forechecking und das Zustellen der Passwege in der Defensive, dazu kommen noch Feinheiten wie Zweikampfverhalten und Ballbehauptung und das Halten und Verschieben der Grundordnung.
Wenn die Kombinationsmaschine richtig rund läuft, ist es völlig nebensächlich, wer die Pille letztendlich über die Linie schiebt, das Ding einnickt oder das Leder reinhämmert. Was allerdings Leute wie Janker und Wagner damit zu tun haben könnten, verstehe ich hinten und vorne nicht, da ist kein Potenzial zu erkennen, von Qualität traut man sich gar nicht zu reden. Die ganz neuen, die zur allgemeinen Verwunderung gleich in der Startelf aufgeboten wurden, ließen ihr fußballerisches Kombinationsvermögen schon mehr oder weniger deutlich erkennen.
Der SC Freiburg als nächster Gegner der Hertha, der morgen noch Gelegenheit hat, sich gegen eine eher zweitklassige Mannschaft in der Europa League warmzuspielen, steht in der Liga schon mit dem Rücken zu dem Zaun, an dem die härtesten Fans normalerweise rütteln und den Kopf des Trainers fordern. Das ist im Breisgau aber überhaupt keine Option, da darf der Trainer sogar absteigen ohne entlassen zu werden.
Freiburg noch ohne Sieg muss es gegen die “betagte Dame” eigentlich wissen wollen, um nicht vom Sog des Absstiegsstrudel erfasst zu werden, da wird man morgen Abend in aller Ruhe gucken können, wo die Schwächen genutzt werden können, wenn von Liberec welche aufgezeigt werden.
Dass die Freiburger vorallem angeschlagen brandgefährlich sein können, “das ist klar!” Da wird man es wohl mal mit einer defensiveren Variante versuchen wollen.
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...WENN NICHT NUR DAS DEO VERSAGT
Hertha wird durchgereicht – hui, eine gewagte Prognose! Noch ein Abstieg? Für alle leidgeprüften Herthaner ein blankes Horrorszenario…
Spielerisch ist das, was die aktuelle Hertha-Mannschaft zeigt, sehr ansehnlich. Auch die läuferische und kämpferische Leistung stimmt. Kein Vergleich mehr zu Funkel- und Babbel-Zeiten, als das Fußball-SPIEL gar nicht oder nur max. 20 Minuten während der gesamten 90 aufblitzte. Das aktuelle Spiel läuft!
Doch auch ich kann die oben beschriebenen Befürchtungen leider nicht komplett entkräften: Wer sorgt für das Salz in der Suppe, sprich: wer soll regelmäßig unsere Tore zum Klassenerhalt schießen?
Ein Ramos ist zu wenig! Hält er überhaupt seine Form? Der nächste kalte Winter kommt bestimmt… Mit Wagner kann auch ich leider gar nix anfangen. Der muss sich doch eigentlich selbst wundern, wie er es mit seiner nicht vorhandenen Torgefährlichkeit als Stürmer (!) in einen Bundesligakader geschafft hat (und sein Vertrag wurde auch noch vorzeitig bis 2016 verlängert!).
Nein, im Sturm sind wir seit PML’s Weggang ziemlich dünne aufgestellt. Ob Ben-Hatira, Allagui oder sonst wer aus dem aktuellen Kader – es fehlt einfach jemand, der sich regelmäßig Hundertprozentige erarbeitet und diese auch ausreichend versenkt – wie damals der hüftsteife Preetz oder der unheimlich agile Chancentod Pantelic. Beide hatten ihre deutlichen Defizite – aber sie trafen immer wieder entscheidend ins Schwarze!
Hertha wird durchgereicht? Ohne echte Alternativen im Sturm leider tatsächlich möglich. Ich hoffe allerdings, dass mit den anderen durchaus vorhandenen Tugenden und Fähigkeiten wie der Spielstärke oder der guten Lauf- und Kampfbereitschaft die in den letzten Spielen vermisste Gier, unbedingt ein Tor erzielen zu wollen und die fehlende Kaltschnäuzigkeit vorm Tor kompensiert werden können. Luhu muss es richten!
HaHoHe!
Klauber
Kommentar: klauber – 18. September 2013 @ 19:44
Im Spiel gegen Stuttgart konnte Sandro Wagner seine bekannten Stärken, Behauptung langgespielter Bälle sowie Provokation von Foulspielen mit Freistoß in Strafraumnähe (für Ronny), leider nicht umsetzen. Mit Sicherheit ist Wagner bis auf Weiteres kein Spieler für die Startformation. Als Joker würde ich ihn in einer eingespielten Mannschaft nicht abschreiben.
Pierre-Michel Lasogga hat seit knapp 1 1/2 Jahren so gut wie kein Spiel absolviert. Bei Hertha hätte er aktuell nicht die Einsatzzeiten bekommen können, um wieder zu alter Stärke zu finden. Hoffentlich darf er in Hamburg bald 90 Minuten ran. Als Joker hätte Lasogga Hertha wahrscheinlich nur wenig Nutzen gebracht. Bei der U21 WM im Sommer hat Lasogga nicht gut gespielt.
Eher das Fehlen des torgefährlichen 10ers Alexander Baumjohann war gegen Stuttgart leider festzustellen. Die Torchancen, die die Mittelfeldspieler Hosogai und Skjelbred – da ohne Killerinstinkt – leichtfertig versemmelten, hätte Baumjohann vielleicht eiskalt für Hertha versenkt.
Kommentar: Linienrichter – 19. September 2013 @ 10:32